Was ich erotisch finde

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photo credit: Danilo Urbina via Flickr cc

Ich finde Unterarme von Männern erotisch. Ich mag es, wenn man das Spiel der Muskeln und Sehnen sieht. Ein Teil meiner Faszination rührt bestimmt auch daher, dass es – abgesehen von Gesicht und Händen – oft das erste Stück Haut eines Menschen ist, das man sieht. Gewissermaßen ein Vorgeschmack darauf, wie der nackte Rest aussehen wird. Überhaupt mag ich Muskeln; keine aufgeblasenen Bodybuilder-Muskeln, sondern natürliche. Ich mag auch Körperfleisch, das ist gemütlich, wenn man sich ankuschelt. Denn so ein nackter Mensch ist als Ganzes natürlich auch wieder erotisch.

Was finde ich erotisch? Bei längerem Nachdenken habe ich festgestellt, dass es verschiedene Komponenten für mich gibt. Die oben beschriebene ist die wohl offensichtlichste, die sich um Körperteile anderer Menschen dreht.

Es gibt aber auch erotische Situationen. Bei vielen ist das sicherlich das Dinner zu zweit im Kerzenschein, wogegen das bei mir schon gut läuft, wenn ich nicht direkt Fluchtinstinkte entwickle. Als ich kürzlich in Berlin war, habe ich einen BDSM-Club besucht, in dem ein Teil der anderen Gäste schon zugange war. Das heißt, während wir unsere Getränke getrunken und geredet haben, konnte man auch jeweils gedämpfte Schreie und Schläge hören. Und das empfand ich durchaus als erotisch.

Erotik bezeichnet in meinem Verständnis das Gefühl, das sich etwas anbahnen oder entwickeln könnte. Je nach Ausprägung kann das ein Element im Gesamtbild sein oder die gesamte Situation inklusive der Menschen, die darin vorkommen. Was passiert, ist offen. Für mich ist ein erotisches Element oder eine erotische Stimmung eine Art Angebot, das nicht zwangsläufig eingelöst werden muss.

Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich ein erotisches Element in den Arbeitsalltag schleicht. Einer meiner Kollegen hat eine sehr tiefe Stimme, der ich sehr gern zuhöre. Da er ein Kollege ist, passiert nichts weiter, außer dass ich ihn gern reden lasse, aber in einem anderen Zusammenhang würde ich diese Eigenschaft noch mehr oder auf andere Weise schätzen. Und das, obwohl ich normalerweise wirklich kein Stimmenfetischist bin. (Ich sage das deshalb dazu, weil ich das Gefühl habe, dass das sehr viele Menschen in meinem Umfeld sind. Ich nehme bei den meisten Menschen nicht wahr, ob sie hoch oder tief reden – es sind eher die äußeren Faktoren, also ob jemand ruhig oder gehetzt spricht.)

Interessant ist jetzt noch die Frage, wie weit man Erotik künstlich herstellen kann. Ich denke, hier handelt es sich um einen schmalen Grad zwischen authentischer und künstlicher Erotik, der bei jedem anders verläuft. Wobei ich viele der typischen Rituale im BDSM – wie das Überreichen eines Halsbands oder ein Griff in den Nacken – in diese Richtung einstufen würde. Ich schreibe bewusst Richtung, weil die Unterschiede zur Romantik gerade in diesem Beispiel fließend sein dürften und je nach Charakter verschiedene Bedeutung haben. Jedenfalls lässt sich mit solchen Gesten eine Situation bis zu einem gewissen Grad recht gut steuern und mit Erotik aufheizen.

Natürlich klappt das alles nur, wenn man offen für Erotik ist. Hin und wieder erwischt es einen unerwartet, aber in den meisten Fällen geht es nicht, ohne aufnahmebereit zu sein. Das macht Erotik zu einer Art Luxusgut, zu etwas, das man nicht jeden Tag genießt. Erotik hat für mich auch etwas mit Anspruch und Niveau zu tun; Porno ist quasi die plumpe kleine Schwester von ihr. Auch Erotik kann schmutzige Züge entwickeln, keine Frage, aber in der Urform ist es für mich etwas Reines, vor allem weil noch nichts umgesetzt wurde. Es ist dieses Angebot, das dir signalisiert, dass jetzt etwas Tolles passieren könnte. Ob das jetzt schmutziger Porno oder ein unschuldiger Flirt mit dem Unbekannten oder doch nur ein fantasiegeladenes Was-wäre-wenn-Gedankenspiel ist.