Über meine ersten Male

Es gibt erste Male, an die ich mich nur noch dunkel erinnere. Mein erstes Mal BDSM oder meine erste BDSM-Party zum Beispiel. Dann gibt es erste Male, die noch sehr frisch in meinem Kopf sind, da sie erst in den letzten drei Jahren passiert sind.

Mein erstes Mal Vaginalsex ist eines davon. Das mag viele verwundern, weil ich schon seit etwa 15 Jahren in der kinky Szene unterwegs bin und viele Menschen Vaginalsex als kleinsten gemeinsamen Nenner ihrer sexuellen Beziehungen definieren, von dem aus sie sich dann zu weiteren Techniken vorarbeiten. Bei mir hat das nie funktioniert. Es ist mir lange schwer gefallen, das Thema in den üblichen Kennenlern- und Vorgesprächen zu einer BDSM-Session anzusprechen, weil das, was bei mir ein großes Stoppschild war, eine gefühlte Selbstverständlichkeit ist.

Viele vergebliche Versuche und schließlich eine Erkenntnis

Es ist so: Ich habe irgendeine Art von Problem mit vaginal. So ganz grundsätzlich denke ich, dass ich im ganzen Körper ordentlich verspannt bin und mir Entspannung allgemein nicht so leicht fällt. Und leider habe ich die ungewollte Angewohnheit, zu verspannen, wenn ein Penis in die Nähe meiner Vagina kommt. Alle meine Partnys, mit denen ich im Bett war, waren hier sehr rücksichtsvoll und haben gelegentlich Versuche unternommen, etwas daran zu ändern, aber es endete stets in einem Abbruch.

Irgendwann habe ich selbst öfter mit Liebeskugeln verschiedener Größen experimentiert und festgestellt, dass ich zwar tendenziell eher eng zu sein scheine, aber regelmäßiges Training durchaus dazu führt, dass ich mehr in meiner Vagina aufnehmen kann. Das endete schließlich darin, dass ich bei einem Wochenende mit einem tollen Menschen festgestellt habe, dass die Einführung von Dildos überhaupt kein Problem ist, während ein Penis von genau gleicher Größe nicht geht.

Die offensichtliche Laien-Diagnose: Da ist irgendeine psychische Blockade. Leider habe ich keine Ahnung, wo diese herkommen mag.

Erstes Mal Vaginalsex – unter Tränen

Der damalige Spielpartner hat nach dem üblichen vergeblichen Testen etwas für mich Neues ausprobiert: Er hat mich so lange geohrfeigt, bis ich angefangen habe, zu weinen, und ist dann in mich eingedrungen. Hinterher erzählte mein Partner mir, dass ich ab der ersten Ohrfeige schlagartig abgelenkt und dadurch vaginal entspannt gewesen war.

Es war gleichzeitig das erste Mal, dass ich in einer BDSM-Session gezielt zum Weinen gebracht worden war. In dem Moment selbst war mir alles einfach egal und ich habe losgelassen und geweint. Allerdings fällt es mir beim Weinen tendenziell schwer, wieder damit aufzuhören, wenn ich erst einmal damit angefangen habe. Daher war die Session an dieser Stelle erst einmal vorbei, und ich war ein bisschen durch den Wind. Aber auch ein wenig stolz, dass ich „es“ geschafft habe, und erleichtert, dass dieses vermeintliche Jungfrau-Stigma endlich weg war.

Danach war ich zwar vom Kopf her etwas entspannter und konnte offener darüber sprechen, aber das Problem war nicht gelöst: Ich verkrampfte noch immer, wenn ein Penis in die Nähe meiner Vagina kam, und das mit dem Weinen wollte ich nicht als Standardtechnik in mein Repertoire integrieren. Es ist okay für mich, in einer Session zu weinen, wenn es passiert, aber anders als anderen Menschen geben mir Tränen nichts Positives oder Erleichterndes – ich empfinde es eher als anstrengend.

Zweites Mal Vaginalsex – mit Schmerzen

Schließlich kam ein weiterer wunderbarer Mensch des Weges und hat, als er seinen Penis angesetzt hat, um in mich einzudringen, bei meinen Schmerzlauten nicht sofort wieder aufgehört. Er hat mich einfach beruhigt, angeregt, dass ich tief durchatmen soll, und mir außerdem erzählt, wie viel Spaß er an der ganzen Situation hat. Daraufhin habe ich mich ein bisschen entspannt und unter schmerzvoller Millimeterarbeit hat es mit dem Eindringen schließlich geklappt.

Beide Erlebnisse klingen wahrscheinlich ziemlich heftig fürs erste und zweite Mal Vaginalsex, aber ich bin total froh darüber. Ich glaube, ich beginne mich langsam von dieser gesellschaftlichen Regel zu lösen, dass Menschen mit Vagina beim Sex keine Schmerzen haben sollen. Die stimmt ja auch. Zumindest für die allermeisten Personen. Für mich als jemand mit kinky Kopfkino ist schmerzhaftes Eindringen durchaus etwas, was mich auf verquere Art und Weise befriedigt, wenn das Setting und das Verhältnis zum Gegenüber stimmen. Natürlich ist es unpraktisch, dass nicht einfach Menschen in mich eindringen können, ohne dass es mir Schmerzen bereitet. Aber ich empfinde die jetzige Situation trotzdem als einen riesigen Fortschritt und finde schön, damit jetzt auch meinen ganzen Körper ins Liebesspiel integrieren zu können.

Alles besser jetzt?

Im Grunde hat mir ohne Vaginalsex nicht wirklich etwas gefehlt. Hier haben wahrscheinlich die Allgegenwärtigkeit von Sex und ein bisschen FOMO eine große Rolle gespielt. Denn ich hatte und habe viele wunderbare Sessions ohne Vaginalsex, die ich alle nicht missen möchte. Das Schöne am BDSM ist ja, dass das Spektrum dessen, was wir tun können, enorm breit ist. Und einen manchmal selbst nur ein intensiver Augenkontakt in den sieben Himmel katapultiert.

Trotzdem bin ich sehr neugierig, was da noch kommen und wie sich mein Verhältnis zu Vaginalsex entwickeln wird. Es ist jetzt eben eine neue Facette in meinem Intimleben und ich bin gespannt, was sich aus ihr ergibt.

Kurz nach dem zweiten Mal Vaginalsex hatte ich übrigens auch mein erstes Mal Analsex – aber das ist eine andere Geschichte :).