Allein zu BDSM-Veranstaltungen gehen

Allein mag fast niemand. Selbst ins Kino, wo man den Großteil der gemeinsamen Zeit nebeneinander schweigend vor einem Film verbringt, trauen sich die wenigsten Menschen allein. Ich kann nur sagen: Allein auf Veranstaltungen gehen wird total unterschätzt. Es kostet zwar oft mehr Überwindung, sich ohne Begleitung auf ein (perverses) Event zu wagen, hat aber auch einige Vorteile.

Ich spreche allgemein von Event, weil ich tatsächlich Stammtische wie Partys gleichermaßen meine. Bei Stammtischen ist die Überwindung womöglich niedriger als auf einer Play Party, aber das Prinzip ist dasselbe.

Zusammen kann anstrengend sein

Warum ich allein gehe? Ich bin durchaus ein sozialer Mensch, der gern mit anderen Gästen ins Gespräch kommt und sie kennenlernt. Allerdings habe ich festgestellt, dass es verschiedene Arten von Begleitungen gibt. Die eine findet genauso schnell Anschluss wie ich selbst – man trifft sich im Laufe des Events immer mal wieder, vergewissert sich um das Wohlbefinden der anderen Person und stellt sich gegenseitig interessanten Menschen vor. Die andere Art der Begleitung ist die, die sich teils etwas schwer damit tut, schnell Kontakte zu knüpfen: Wenn ich hier mit einer dritten Person in ein längeres Gespräch komme, habe ich regelmäßig das Bedürfnis, mich zu vergewissern, ob es meiner Begleitung gut geht. Ob sie womöglich allein irgendwo sitzt und sich einsam fühlt oder langweilt. Das kann sich für mich anstrengend anfühlen, denn gerade bei solchen Events kann meine Poly-Ader richtig durchschlagen: Wenn ich viele Leute kenne oder kennenlernen möchte, rede ich gern mal mit der einen und mit der anderen Person. Habe ich aber eine Begleitung, die erwartet oder darauf angewiesen ist, dass ich den Abend mit ihr verbringe oder sie zumindest in jedes Gespräch einbeziehe, wird es stressig für mich. Denn ich finde es schön, verschiedene Eindrücke in verschiedenen Begegnungen zu erhalten und mich dabei frei von einer Person zur anderen zu bewegen. Damit meine ich nicht, dass man sich trennt, sobald man angekommen ist und sich nicht nahe kommt – aber zwanghaft aneinander kleben ist ein Bedürfnis, das ich bei Gruppen-Events nur selten nachvollziehen kann. Insbesondere nicht im BDSM-Kontext, da es hier einen sehr hohen Anteil an Polyamorie-Anhängern gibt. Gerade vor diesem Hintergrund verstehe ich nicht, warum viele Menschen unbedingt als Zweier-Pärchen an einem solchen Event teilnehmen möchten und sich womöglich auch noch die ganze Veranstaltung über so verhalten.

Daher gehe ich mittlerweile gern allein auf solche Veranstaltungen. Meistens stelle ich davor sicher, dass zumindest ein paar bekannte Gesichter dort sind, um es mir nicht allzu schwer zu machen – denn natürlich ist es immer eine Überwindung, unbekannte Menschen anzusprechen und kennenzulernen. Die alleinige Teilnahme hat bei Play Partys beispielsweise den Vorteil, dass ich ohne Rücksprache mit einer Begleitung spontan mit einer Bekanntschaft zu einem Spiel verschwinden kann. Ich bin dadurch allgemein sehr frei, was ich tue und lasse. Auch wenn es darum geht, ob ich früh schlafen gehen oder die ganze Nacht weiter feiern möchte.

Anders zusammen

Eine weitere schöne Alternative finde ich aber auch, eine Veranstaltung mit einer Freundesgruppe zu besuchen. Damit verteilt sich die Verantwortung, nach den anderen zu sehen, auf mehrere Köpfe, so dass jeder immer noch spontan Spielen gehen kann. Falls man keine Lust auf neue Menschen hat, kann man sich auch gut an die bekannten Gesichter halten. Ein großer Pluspunkt dieser Strategie ist, dass man sich mit seinen Begleitungen über Erlebnisse direkt austauschen kann – gerade bei neuen und intensiven Erfahrungen ist ein liebevolles Umfeld, das einen mag und einem zuhört, sehr viel wert. Wenn dieses dann schon direkt vor Ort ist, ist das ein für die meisten ungewohnter Service ;-). Ganz abgesehen davon, dass mit einer tollen Freundesgruppe jede noch so langweilige Veranstaltung sehr viel Spaß machen kann.

Etwas mehr Offenheit fände ich in diesem Bereich wirklich angenehm. Denn so sehr ich Zweier-Pärchen mag, auf solchen Events können sie ganz schön nerven. Solche Veranstaltungen sind aus meiner Sicht nämlich dafür da, dass man auch neue Menschen kennenlernt und neue Erfahrungen macht. Das geht aber nur schwer, wenn man auf eine einzige Begleitung fokussiert ist. Ich finde, wenn wir schon alternative Beziehungsformen propagieren, sollten wir diese auf einschlägigen Veranstaltungen auch ausleben.