Wie sich Grenzen verschieben – und man es gar nicht merkt
Das würde ich nie tun!
Habe ich früher bei einer ganzen Menge BDSM-Techniken gesagt und sage ich auch heute noch bei einer ganzen Menge Sachen. Mit dem Unterschied, dass ich heute bei vielen Spielarten hinzufüge, dass ich dafür aber nicht die Hand ins Feuer lege, weil es eben so viele Techniken gibt, bei denen ich das früher auch gesagt habe und das jetzt nicht mehr gilt.
Auf Parties spielen ist bei mir so ein Fall. Ich weiß noch, wie auf einer meiner ersten Parties meine Begleitung meine Brüste entblößen wollte und ich erschrocken abgewehrt habe. Mit der Entblößung ohne sonstiges Drumherum hätte ich wohl immer noch Probleme, allerdings klappt bei mir mit „Ablenkung“ mittlerweile einiges. Ich kann mich problemlos fallen lassen und finde es völlig okay, wenn mir jemand weh tut und das andere Menschen sehen. Wenn dabei verschiedene Körperteile entblößt werden, ist das normalerweise okay. Okay, weil es auf einer Party ist und sowieso okay ist, aber auch dadurch, dass ich auf das Wahrnehmen und das Genießen der Schmerzen konzentriert bin. Ich falle in den Spielmodus und es ist mir einfach egal, was der Rest der Menschheit in dem Moment macht und denkt. Manchmal kommt hinterher dann kurz der Gedanke „Hups, was hast du denn da vor aller Augen gemacht?“, aber das war’s dann auch.
Diese Veränderung funktioniert dann, wenn es Grenzen sind und keine Tabus. Grenzen verschieben sich naturgemäß im Lauf der Zeit, manche auch wieder zurück, während Tabus nicht angekratzt werden. Wobei zumindest ich es nicht immer einfach finde, zu definieren, was noch Grenze und was schon Tabu ist.
Allerdings ist meine Grenz- und Tabu-Liste sowieso keine feste, unumstößliche Liste. Sie wird angepasst, je nachdem, was ich gerade alles auf dem Schirm habe und mit wem ich spiele. Es gibt auch Punkte, die ich bewusst dem einen Partner als Tabu aufliste und dem anderen nur als Grenze. Ich selektiere quasi vor, mit wem ich mir bestimmte Grenzverschiebungen vorstellen kann und mit wem nicht. Vielleicht klingt das ungerecht, aber für mich ist es nur logisch, weil ich mit verschiedenen Personen eigentlich immer auf verschiedene Arten spiele und nie mit zwei Partnern genau dasselbe mache.
Interessanterweise stelle ich Grenzverschiebungen nicht immer bewusst fest. Oft bemerke ich erst hinterher, dass sang- und klanglos eine Barriere gefallen ist oder sich etwas verändert hat. Wobei das für mich ein gutes Zeichen ist: Dass ich es nicht bewusst wahrnehme, heißt, dass sich etwas einfach gut und richtig anfühlt. Und über Dinge, die sich gut und richtig anfühlen, denke ich oft nicht nach, weil ich im BDSM-Bereich meinem Instinkt stark vertraue und mich oft von ihm leiten lasse.
Bei manchem Unvorstellbaren werde ich auch schlichtweg überrumpelt. Ich weiß noch, dass ich in meiner sehr frühen Anfangszeit mit vermeintlich romantischem Körperkontakt wie Kuscheln so überhaupt nichts anfangen konnte und wollte. Ein neuer Spielpartner wusste davon nichts und hat mich nach dem Spielen ganz selbstverständlich in die Arme genommen – da ich klein und zierlich bin und er groß und kräftig war, gab’s auch erstmal kein Entkommen. Nach einem ersten Schockmoment habe ich dann festgestellt, dass auch unromantische Leute wie ich Kuscheln ziemlich toll finden können. Und mittlerweile beschwere ich mich sogar, wenn ich zu wenig Streicheleinheiten abkriege.
[…] Titel von Aurelianas letztem Artikel hat mich dazu gebracht, darüber nachzudenken, dass das Verschieben der eigenen Grenzen nicht nur […]