Ich bin schön, ich bin es nicht, ich bin schön …
Es kommt der Frühling und es kommt wie jedes Jahr: der Schönheitsvergleich der Frauen. Uns schön finden und Schönheitsideale einfach mal beiseite lassen? Keine Chance. Andere Frauen neidlos schön finden? Pustekuchen. Wenn es um unser Aussehen geht, sind wir extrem verbissen. Warum eigentlich?
Jugendlich schön
Mit Vergnügen Hamburg schildert in einem Artikel eindringlich, wie sehr wir auf äußerliche Kleinigkeiten bei uns und bei anderen achten. Ich habe mich mittlerweile zumindest teilweise davon gelöst, aber in meiner Jugend war das ganz anders. Ich erinnere mich, dass ich Freibad-Besuche irgendwann überhaupt nicht mehr mochte. Das war kein „wir gehen da jetzt hin, hopsen ins Wasser und haben Spaß“, sondern das war ein „wir legen uns so auf die Wiese, dass uns alle wichtigen Leute hier sehen, und lästern über Leute, die irgendwelche doofen Gesellschafts-Vorgaben nicht befolgen“. Und zumindest bei mir war es so, dass ich meine Figur auch ständig mit den umliegenden Badegästen verglichen habe. Zu diesem Zeitpunkt habe ich zwar nicht genau begriffen, warum, aber zumindest, dass ich Freibad-Besuche wahnsinnig anstrengend finde. Ich habe daher meine wasserscheue Seite noch etwas stärker werden lassen und bin immer seltener mitgegangen.
Erwachsen schön
Es kann einen schon einholen, sobald man nur zum Bäcker geht: In einem Blogartikel von Thirty Plus geht Kea darauf ein, dass wir Frauen viel zu oft das Gefühl haben, wir dürften jetzt nicht im Gammellook auf die Straße. Mittlerweile bin ich, was mich selbst in privatem Rahmen angeht, fast schon beim Gegenpol angelangt. Es gibt zwei Anlässe, für die ich mich schminke: Arbeit und coole Events. Bei der Arbeit ist viel Gewohnheit dahinter und dass ich mich tatsächlich hinter Make-up auch gut verstecken kann – wenn ich geschminkt bin, sieht man mir weniger schnell an, dass ich womöglich total übermüdet bin. Unter den Event-Bereich fallen zum Beispiel BDSM-Parties, Opern-Besuche oder Halloween-Feiern. Da ist es dann etwas Besonderes, sich „aufzubrezeln“ und in eine andere Version meiner selbst zu verwandeln. Am interessantesten fand ich tatsächlich meine eigene Reaktion, als ich mich nach einigen Monaten Arbeitslosigkeit erstmals wieder dezent geschminkt habe: Ich empfand mich im ersten Moment als total künstlich und nicht ich selbst, obwohl ich nur Wimperntusche verwendet hatte.
Anders schön
Warum ich in einem BDSM- und Poly-Blog über Aussehen schreibe? Weil unsere Einstellung dazu unser Leben und unser Sexleben beeinflusst. Ich habe hier schon einmal erwähnt, dass es eine ganz eigene Art von Schönheit im BDSM-Bereich gibt, wenn man nach einer Session verfleckt und/oder verheult aussieht. Diese beruht im Gegensatz zum gesellschaftlich gängigen Schönheitsideal auf Authentizität und verlangt nicht, dass man nach einer halben Stunde Hauen immer noch so aussieht, als wäre man frisch aus dem Bad gekommen. Das ist für mich total beruhigend, weil ich im Privatbereich wie gesagt sowieso nur wenig Schönheitspflege betreibe.
Ehrlich schön
Wir sollten umdenken – und uns gegenseitig unterstützen. Clairette erzählt hier, wie es ihr gelang, andere Frauen schön zu finden. Ich erlebe das auch auf BDSM-Parties, dass man besonders fantasievolles Outfits offen bewundert. Lasst uns das ausbauen – ich habe einmal in der S-Bahn Lipgloss aufgetragen und die Frau mir gegenüber hat spontan die Farbe gelobt, weil sie so gut zu mir passen würde. Daran erinnere ich mich heute noch gern und ich würde so etwas gern öfter erleben. Es tut uns gut, bestärkt zu werden und umgekehrt ist es auch schön, anderen Menschen mal ohne Gegenleistung etwas zu geben. Und wie wir alle wissen, sind die Menschen mit einem ehrlichen Lächeln im Gesicht sowieso am schönsten.
Einen schönen guten Abend 🙂
Ich freue mich, in diesem Artikel auf deinem feinen Blog verlinkt zu sein. Die immer seltener werdenden Schwimmbad-Besuche kommen mir sehr bekannt vor, in meinen Zwanzigern erschienen sie mir wie ein reines Schaulaufen. Die Freude am kühlen Nass war mir gründlich vergangen.
Ich schätze es an den BDSM-Gedilden, dass es nicht um irgendeine Art der Perfektion geht, sondern um Fantasie, Kreativität und echte Momente, die keinerlei Retousche bedürfen. Dazu braucht es eine Menge Mut, aber der Lohn ist auf besondere Art schön 🙂
Liebe Grüße,
Kea
Vielen Dank für deinen lieben Kommentar, Kea! Dem, was du schreibst, ist – zumindest aus meiner Sicht – eigentlich nichts hinzuzufügen :).
Liebe Grüße
Aureliana