Der Unterschied zwischen monogam leben und monogam sein
„Könntest du monogam leben?“, fragte mich mein bezauberndes Date in dem alternativ angehauchtem Cafe nach einem längeren Gespräch über Formen der Beziehungen. Die Frage galt wahrscheinlich mehr sich selbst als mir, da sie selbst nicht-monogame Beziehungen bevorzugen würde, aber sich in einen monogam-überzeugten Mann verliebt hat und deswegen eine monogame Beziehung führt.
Ich kann nicht mehr sagen, was ich tatsächlich geantwortet hatte, aber die Frage beschäftigte mich noch eine Weile. Auf der einen Seite kann ich mir nicht vorstellen, mit einer Person monogam zu leben, aber auf der anderen Seite zeigt die Realität, dass man neben Beruf und Hobbys die meiste Zeit doch nur Aufmerksamkeit für eine Person übrig hat – insofern man mehr als nur Affären haben möchte.
Warum ist mir also das so wichtig? Will ich mich einfach nur mit der Polyamorie-Szene identifizieren, weil mir der Gedanke bzw. die Einstellung gefällt, oder steckt da mehr dahinter? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst beleuchten, was ich mit Monogamie eigentlich verbinde. Die positive Seite ist die Sicherheit, einen starken Partner an seiner Seite zu genießen. Bedrohungen, die diese Sicherheit gefährden könnten, werden jedoch vom Partner mit paranoiden Eifersuchtsdramen quittiert. Immerhin erkennen viele monogame Menschen inzwischen, dass fast immer keine Bedrohung für die Partnerschaft existiert und Eifersucht nur ein Problem mit sich selbst ist. Zum Glück kann man dann das nötige Vertrauen und den Glauben in den Partner mit einem Ehering besiegeln. Sich mit den Umständen einer monogamen Ehe zu arrangieren, ist jedoch bestenfalls ein Kompromiss und in den meisten Fällen nur eine Einigung auf Stillschweigen – bis einer der Partner beim Fremdgehen erwischt wird, während der andere mit Beruf oder Kindererziehung zu beschäftigt war. Je länger eine solche Lüge aufrechterhalten wird, desto größer ist dann das Gefühl verschwendeter Zeit für den anderen Partner. Ist das noch der Gedanke, für den Partner nur das Beste zu wollen?
Die notorischen Fremdgeher mögen mir nun sagen, so einfach sei das nicht, man hätte ja auch Bedürfnisse und könne nicht immer Rücksicht auf seinen Partner nehmen! Mal abgesehen davon, dass wir nicht verantwortlich für unsere Triebe sind, sondern dafür, was wir daraus machen, sollte man doch gerade mit seinem Partner über Bedürfnisse reden können, um Kompromisse aushandeln zu können. Durch die Einführung von Tabu-Themen wird in der Monogamie dieser Kommunikation jedoch ein Riegel vorgeschoben und nimmt der Beziehung jede Möglichkeit, an den Problemen wachsen zu können. Ein befreundetes Pärchen hatte zum Beispiel mal einen Dreier mit einem Mann. Am nächsten Tag war derjenigen, für die inklusive Beziehungskonzepte etwas Neuartiges waren, jedoch unwohl. Sie wollte die Beziehung zu ihm beenden, aber zum Glück konnten sie gut miteinander kommunizieren und kamen zu der Erkenntnis, dass sie insbesondere wegen Sexualkrankheiten Bedenken hatte und deswegen möchte, dass der neue Mann eine intensive Beziehung zu den beiden führt und nicht nur eine Affäre bleibt.
Sollte man nicht daraus schließen, dass Beziehungen ohne Tabu- Themen wie in typischen monogamen Beziehungen die stabileren sein sollten? Leider muss ich an dieser Stelle gestehen, dass solche offene Kommunikation anstrengend sein kann. Am Ende muss man sich darauf verlassen können, dass man den Partnern wichtig genug ist und sich dieser Aufwand für sie lohnt – vielleicht verlange ich hier zu viel.
Mir ist diese Art von Kommunikation trotzdem sehr wichtig. Denn damit ich mir sicher sein kann, mit welcher Person ich es zu tun habe, muss ich das Gefühl haben, dass sie mir ungehemmt alles sagen kann, was ihr bewusst ist. Durch solche Worte kann man natürlich den Partner auch verletzen. Ich arbeite aber lieber eine Lösung mit meinem Partner heraus, als eine Lüge leben zu müssen. Wie ich bereits eingangs erwähnte, habe ich wahrscheinlich nicht genug Aufmerksamkeit für mehr als einen Partner übrig und würde dadurch zwar unter diesen Umstände auch mal monogam leben, aber von meiner inneren Einstellung her könnte ich nie monogam sein.
„Sich mit den Umständen einer monogamen Ehe zu arrangieren, ist jedoch bestenfalls ein Kompromiss und in den meisten Fällen nur eine Einigung auf Stillschweigen – bis einer der Partner beim Fremdgehen erwischt wird, während der andere mit Beruf oder Kindererziehung zu beschäftigt war.“
Hier gehst Du automatisch davon aus, daß es in einer monogamen Beziehung zwangsläufig zu Betrug kommen muss.
Ein Schluß, den ich so nicht unbedingt ziehen würde. Ich denke, man kann sich auch in vollem Bewusstsein für „nur“ einen Menschen, mit dem man das Leben exklusiv teilt, entscheiden und damit zufrieden sein. Bedarf allerdings einer gewissen Arbeit – aber das ist Bezieugn mMn immer.
Ebenso wie Du davon ausgehst, daß monogame Beziehung = Tabu-Themen bedeutet („Sollte man nicht daraus schließen, dass Beziehungen ohne Tabu- Themen wie in typischen monogamen Beziehungen die stabileren sein sollten? „).
Ich glaube, daß die Bereitschaft zu einer offenen Kommunikation nicht an ein Beziehungsmodell (oder der Bereitschaft zu alternativen Modellen) geknüpft ist, sondern eine Frage der Persönlichkeiten und ihrer kommunikativen Fähigkeiten sind. So selten sind Kommunikationsschwierigkeiten oder verschwiegenes in irgendwie offenen Beziehungen auch nicht…
Und muss man seinem Partner wirklich immer erzählen, wenn man grad jemand anderen sexy fand? Finde ich nicht unbedingt.
Was ich wichtig finde ist, daß man sich in einer Beziehung mit sich und seinen Bedürfnissen und seinem Partner und dessen Bedürfnissen auseinandersetzt, sich gemeinsam entwickelt… Und dafür brauche ich nicht unbedingt die Monogamie verlassen.