Rot wie Blut

photo credit: Asja Boros via Flickr cc

Mein heutiger Artikel beschäftigt sich mit einem Thema, von dem ich – und ich bin fast sicher, dass ich damit nicht alleine bin – selbst nicht genau weiß, wie ich dazu stehe. Es fängt schon damit an, dass es wenig passende oder schöne Worte dafür gibt: Menstruation, Tage, Regel, Periode … ich habe alle Wörter schon verwendet, gut angefühlt hat sich keines davon. Und ich bin nicht sicher, ob das nur daran liegt, dass ich persönlich aufgrund starker Schmerzen eher schlechte Erfahrungen mit meiner Menstruation gemacht habe.

Rotes Tabuthema

Was ich relativ früh gelernt habe, war, dass man über das Thema wenig spricht. Also im vertrauten Kreis unter engen Freundinnen, mit meiner Mutter gelegentlich, mit dem Arzt, wenn es nötig ist, aber im Gegensatz zu Kopfschmerzen ist es nichts, worüber man sich beispielsweise beim Abendessen unterhält. Liebe männliche Leser, wenn eine Frau andeutet, dass es ihr schlecht geht und sie verschwörerische, verständnisvoll-mitleidige Blicke mit anderen Frauen in ihrer Umgebung austauscht, dann ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass hier keine Weltverschwörung im Gange ist, sondern sie einfach nur ihre Tage hat ;-). Das könnte man auch einfach sagen, aber irgendwie spielt bei diesem Thema Scham eine nicht unerhebliche Rolle, obwohl es dafür keinen rationalen Grund gibt. Auch wenn Menstruation etwas sehr Natürliches ist, wird sie oft nicht so behandelt.

Ich bin froh, dass es langsam Anzeichen gibt, dass sich das ändert. Es gibt seit Kurzem mehrere Erfindungen, die Alternativen zum Tampon darstellen: Menstruationstassen, saugstarke Slips und waschbare Baumwollbinden. Da ich selbst gerade nicht mehr menstruiere (vgl. meinen Artikel Wenn die Lust wegen der Pille manchmal schläft …), habe ich noch nichts davon ausprobiert, aber würde mich freuen, wenn die Mutigen in den Kommentaren ihre Erfahrungen teilen würden. Dass die neuen Formen der Blutentsorgung einen besseren ökologischen Fußabdruck als die konventionellen Methoden haben, würde ich als positiven Nebeneffekt einstufen, aber mehr auch nicht. Mein leiser Verdacht ist, dass besagter Fußabdruck gern als Aufhänger missbraucht wird, weil man sich nicht mit dem Kern des Themas auseinander setzen will – nämlich dem, dass alle bisherigen Methoden schnell extrem unpraktisch sind, wenn man unterwegs ist, der nächste Mülleimer nicht in Sichtweite ist oder man einen Mini-Rock trägt. Nach einer stressigen Jugend diesbezüglich hatte sich das im Erwachsenenalter ganz gut eingependelt bei mir, aber ich erinnere mich, dass das einige Jahre gedauert hat. Ich wollte um jeden Preis vermeiden, dass jemand irgendwo Blut sieht und etwas mitkriegt.

Natürlich rot

Umso erstaunter war ich, als ich von einer Marathonläuferin las, die den London Marathon lief, ohne Tampon oder Binde zu tragen, obwohl sie blutete. Die für mich absolut einleuchtende Erklärung bestand darin, dass es viel zu unbequem gewesen wäre, sich die ganze Strecke über Gedanken um einen Tampon zu machen. Ich denke seitdem viel darüber nach, wie ich selbst zu diesem Thema stehe. Es ist nicht so, dass ich mich darum reiße, Fotos von blutenden Frauen zu sehen, wie sie teils unter Schlagworten wie period positivity oder #freebleeding geteilt werden. Trotzdem denke ich, dass diese Bewegung enorm wichtig ist und wir endlich mal diese Distanz zu uns und unserem Körper abbauen sollten. Damit meine ich, dass das Thema nicht ständig als reines Frauenthema eingestuft und abgeschoben wird, sondern man auch mal im gemischten Freundeskreis erzählen sollte, warum einem gerade schlecht ist. Frauen sprechen sich hier gegenseitig Trost zu – was ich gut finde –, aber trotzdem achten sie peinlich genau darauf, dass nichts nach außen dringt. Was natürlich auch mit Intimsphäre zu tun hat.

Wie gesagt, ich bin selbst noch dabei, mir eine finale Meinung dazu zu bilden. Allerdings denke ich, dass etwas mehr Offenheit allen gut täte – den Frauen selbst, weil sie sich nicht verstecken oder verstellen müssen, und dem Umfeld, weil es realistisch einschätzen kann, wie es der Frau geht und warum es ihr ggf. nicht so gut geht. In diesem Sinne bin ich gespannt, wann die erste deutsche Prominente mit Blutfleck zu einer wichtigen Veranstaltung erscheint. (Und hoffe, dass sie in diesem Moment ganz viel Zuspruch und Unterstützung ernten wird.)