Meine Periode und ich – ein neuer Versuch
Jahrelang hasste ich meine Periode. Seit ich mich erinnern kann, hatte ich Schmerzen, wenn meine Menstruation einsetzte. Ich rede hier nicht von ein bisschen Schmerzen, sondern von mehreren Stunden Bauchkrämpfen, während derer ich nur im Bett liegen und warten konnte, dass sie wieder aufhörten. Leider war es schwer, diese mit Schmerzmitteln in den Griff zu bekommen – die meisten wirkten nur eine Zeit lang und dann nicht mehr. Ich probierte auch alles Mögliche an alternativen Behandlungsmethoden aus, aber außer Akupunktur, was zumindest ein Jahr lang Besserung brachte, hatte nichts davon wirklich Erfolg. Irgendwann habe ich herausgefunden, wie ich Ibuprofen gezielt überdosiere, um nichts mehr zu spüren. Entspannung brachte aber erst der Vorstoß meiner damals neuen Frauenärztin, eine östrogenfreie Pille ohne Unterbrechung einzunehmen – auch mit der Begründung, dass ständiger hoher Ibuprofen-Einsatz nicht gesund sei und ich im Fall der blödesten Indikation dadurch später Probleme haben könnte, Kinder zu bekommen.
Ein paar angstfreie Jahre
Einige Jahre war ich überaus dankbar dafür. Die monatliche Panik, die mich beim ersten Tropfen Blut sofort hektisch nach Schmerzmitteln hatte suchen lassen, verschwand. Ich vermisste meinen Zyklus kein bisschen – und bis auf die natürliche Lustkurve, die mir verloren gegangen war (vgl. Wenn die Lust wegen der Pille manchmal schläft), hatte ich auch nicht unter Nebenwirkungen wie viele andere Frauen, die die Pille nehmen, zu leiden.
Dann stieß ich in der Bücherei zufällig auf das Buch Wild Power (Buchrezension und nähere Beschreibung finden sich hier) und alles änderte sich. Ich begriff, dass mein Zyklus nicht nur aus einer unangenehmen Periode besteht, sondern ein kompletter Zyklus mit mehreren Phasen ist, die unterschiedlich erlebt werden können. Ich begriff auch, dass ich (aus Unwissenheit) nie auch nur ansatzweise danach gelebt hatte. Meinem Bedürfnis, mich während der Menstruation, hier Winterphase genannt, zurückzuziehen und etwas ruhiger zu machen, habe ich nie entsprochen – falls ich es überhaupt wahrgenommen habe. Überhaupt bestand mein Zyklus nur aus dieser einen Woche Periode und der Rest war halt auch noch da. Klar, das mit der wandernden Eizelle wusste ich schon, aber hatte einfach keinen Bezug dazu.
Das Experiment des natürlichen Zyklus
Ich entschied mich also vor ein paar Monaten, es nochmal mit einem natürlichen (= pillenfreien) Zyklus zu versuchen. Ein bisschen hat sich das Bild der Periode in den letzten Jahren gewandelt – es gab einige neue Bücher, die jung und stylish daher kamen (vgl. Buchrezension Ebbe und Blut), es gab die Menstruationstasse und Initiativen wie #FreeBleeding (vgl. Rot wie Blut) und ich war schon die ganze Zeit ein bisschen neidisch, dass ich – trotz richtigem Geschlecht – nicht mitmachen konnte. Außerdem hatte mir das Buch Mut gemacht, es unter geänderten Voraussetzungen nochmal zu probieren.
Ich fasste also den Plan, meine Pille abzusetzen, wartete aber noch ein wichtiges Familienereignis ab, weil ich befürchtete, hier auf kein Verständnis zu stoßen, wenn ich die Vorbereitungen davon mit meinem Zyklusexperiment störe – dazu unten mehr. Die Zeit nutzte ich, um mich intensiver ins Thema einzulesen. Schulmedizinisch habe ich, auch von meiner Frauenärztin, außer den üblichen Magnesium- und Wärme-Empfehlungen eher wenig Hilfreiches gefunden. Im alternativen Bereich gab es schon mehr Ideen, allerdings ist hier natürlich immer die Frage, wie viel alternative Medizin man für sich in Anspruch nehmen möchte.
Keine Bauchkrämpfe mehr!
Letztendlich wurde es bei mir ein Mix verschiedener Methoden und die klare Ansage an mich selbst, dass ich mir Zeit für meine Periode nehme, sobald sie einsetzt. Sie hat dann auch erst mal sechs Wochen lang nicht eingesetzt. Nachdem ich die ersten zwei Wochen nach Absetzen der Pille jeden Tag erwartet habe, dass sie kommt, habe ich nachgelesen und erfahren, dass es nichts Ungewöhnliches ist, wenn sie nach längerer Pilleneinnahme bis zu drei Monate auf sich warten lässt. Ich akzeptierte schließlich, dass mein Körper nach mehreren Jahren Pille wohl noch etwas Zeit braucht, sich wieder an die Möglichkeit eines Zyklus zu gewöhnen. Erste kleine Veränderungen hatte ich schon bemerkt, aber kein riesiges Puff, so dass ich ruhiger wurde und einfach abwartete. Nach fünf Wochen setzte dann meine Menstruation ein und ich sagte recht spontan alle Verabredungen für diesen Tag ab.
Der Tag war bestimmt von Müdigkeit und viel Nichtstun. In der ersten Tageshälfte war Sitzen ein absolutes No-Go, aber Liegen ging gut, daher verbrachte ich viel Zeit auf dem Sofa und hörte Musik. In der zweiten Tageshälfte stabilisierte es sich langsam, allerdings legte ich nochmal ein ausführliches Mittagsschläfchen ein und gegen Abend spürte ich dann einen konstanten Ziehschmerz. Dieser war nicht so, dass ich befürchtete, er würde mehr werden, daher machte ich mir eher wenig Sorgen, aber er war trotzdem unangenehm. Abgesehen davon hatte ich aber keine Bauchkrämpfe und war wahnsinnig stolz, dass ich es geschafft hatte, von unerträglichen Bauchkrämpfen zu „nur“ einem Tag Bettruhe zu kommen.
Kombination verschiedener Methoden
Da ich mehrgleisig unterwegs war und immer noch bin, kann ich nicht genau sagen, welches der folgenden Mittel jetzt hauptsächlich für die Besserung verantwortlich ist. Ich würde ja vermuten, dass die Kombination prinzipiell recht gut war und auch meine allgemeine Einstellung viel ausgemacht hat.
- Thymianöl: Hierzu gibt es eine medizinische Studie, die auch auf weitere Studien verweist, die aber nur in persischer Sprache verfügbar sind. Besagte Studie beschreibt die entspannende Wirkung von Thymianöl bei Bauchkrämpfen und kommt zu dem Schluss, dass ihre Wirksamkeit sogar mit der von Ibuprofen 200 zu vergleichen ist – nur ohne die Nebenwirkungen. Da mir die Studie wissenschaftlich fundiert erschien, habe ich es ausprobiert und hatte den Eindruck, dass es mir durchaus Linderung verschafft hat. Eine Woche zuvor hat es eine gute Freundin ebenfalls ausprobiert und mir positiv davon berichtet. Ätherisches Thymianöl gibt es als Badezusatz in der Apotheke. Ich habe es zum Einreiben vom Bauch und auch für den unteren Rücken genommen, weil es dort ebenfalls ordentlich geziept hat.
- Selbstbefriedigung: Im Buch Period Power* stand der Tipp, dass man sich zur Bekämpfung der Bauchkrämpfe selbst befriedigen solle. Das habe ich ausprobiert und es hat mir tatsächlich gut geholfen. Es waren nicht meine schönsten Masturbationserfahrungen, weil ich bereits nach fünf Minuten Porno gucken immer schon gekommen bin – normalerweise brauche ich ein ganzes Stück länger –, aber es hat mir definitiv gut getan. Diese Grunderregung war auch schon am Abend zuvor durchgekommen, nur dass ich sie da noch nicht einordnen konnte und noch für Zufall hielt.
- Hormon Yoga: Seit einigen Wochen mache ich Hormon Yoga nach Dinah Rodrigues. Ich habe es als Workshop in der vhs ausprobiert und mich im Anschluss für einen wöchentlichen Kurs angemeldet. Hormon Yoga ist besonders für die Wechseljahre geeignet, weil es angeblich den Östrogenspiegel senkt, aber kann in Fällen von Hormonen, die aus dem Gleichgewicht geraten sind, auch in jüngeren Jahren praktiziert werden. Ich habe mich als solchen Ausnahmefall klassifiziert und mache das seitdem. Ob die wöchentliche Praxis konkreten Einfluss auf meine Menstruation hatte oder hat, kann ich nicht beurteilen – aber im Moment finde ich, dass mir diese Yoga-Methode gut tut und daher mache ich sie einfach mal weiter.
- Fokus: Wie oben schon angedeutet bin ich der Empfehlung gefolgt, mich komplett auf mich zu konzentrieren, was dazu führte, dass ich sehr viel Zeit ruhend verbracht habe. Just eine Woche vorher war eine Freundin in der gleichen Phase ihres Zyklus zu Besuch, die das komplette Gegenteil, und zwar Bewegung, gebraucht hatte. Außer einem kurzen Spaziergang durchs Viertel hatte ich aber absolut kein Bedürfnis danach. Ich glaube, dass allein dieser ganze Menstruationsvorgang viel Energie benötigt hat, so dass ich gar nicht mehr viel andere Action brauchte. Außerdem habe ich mir auch viel Zeit zum Tagträumen und Nachdenken genommen, um meinen Gedanken Raum zu geben und sie nicht in einem Serienmarathon zu ersticken.
- Ernährung: Hier gibt es sehr viele Theorien, welche Bestandteile wichtig sind. Eine Zeitlang habe ich darauf auch geachtet, aber ich finde vieles davon schwierig, in einem oft turbulenten Alltag umzusetzen. Allerdings achte ich auf regelmäßige Magnesium-Zufuhr bei meiner Ernährung, da ich hier gefühlt tatsächlich etwas anfällig bin. Ansonsten werde ich mich in Zukunft mit diesem Thema noch näher auseinander setzen.
- Tee: Ganz oft wurde Tee mit Frauenmantel als Hauptbestandteil empfohlen und selbstverständlich habe ich ihn ausprobiert. Ich würde das aber eher als Nebenschauplatz einstufen und denke nicht, dass allein dieser Tee für den insgesamt positiven Effekt sorgte.
Sprechen über …
Ein schwieriger Teil des Unterfangens, offen mit mir, meinen Bedürfnissen und damit auch meinem Zyklus umzugehen, ist leider immer noch mein Umfeld. Myra hat auch in ihrem Artikel gut beschrieben, wie verschämt mensch mit einem Tampon gewöhnlich in Richtung Toilette huscht. Es gibt bei mir viele gute Freund*innen, die gern Rücksicht auf mich nehmen und denen ich da sehr dankbar bin. Allerdings gibt auch einige, die nicht akzeptieren (wollen), dass ich mir gelegentlich das Recht herausnehme, nicht zu funktionieren. Zum Teil können sie wohl einfach nicht nachvollziehen, was eine selbstbestimmte Periode für mich bedeutet, zum Teil denken sie, ihre Angelegenheiten wären wichtiger. Gelegentlich wird mir auch das Gefühl vermittelt, ich solle mich nicht so anstellen, weil eine (teils unangenehme) Periode halt einfach dazugehört.
Ich verfolge nichtsdestotrotz in meinen offeneren Freund*innen-Gruppen die Methode, sehr offen mit dem Thema umzugehen. In den letzten Wochen hatte ich dazu einige gute Gespräche und das Thema ist (mir) einfach zu wichtig, um wieder verschämt zu schweigen.
Es geht immer weiter!
Ein der wichtigsten Erkenntnisse meiner letzten Wochen war folgende: Die Periode ist nur ein Teil meines Zyklus! Die anderen Phasen haben ebenfalls Eigenheiten, die ich gerade nach und nach kennenlerne. Es bleibt eine spannende Reise und ich werde bestimmt noch einmal berichten.
* Eine Rezension zu diesem Buch fehlt noch, weil ich zum einen noch nicht fertig, zum anderen etwas zwiegespalten bin. Es werden sehr viele Methoden zur Schmerzbekämpfung bei der Menstruation vorgestellt, von denen die einen bestimmt wirksamer sind als die anderen – alle gleichermaßen umzusetzen, dürfte ein Ding der Unmöglichkeit sein. Mehr Infos und Meinungen dazu gibt es hier.