Mythos Friendzone

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photo credit: zhouxuan12345678 via Flickr cc

Heute will ich mich mit dem Thema Friendzone beschäftigen und – wenn man diesen Begriff nicht nur als Witz begreifen kann – den vielen Vorurteilen, die aus diesem Begriff entstehen. Friendzone“ stammt ursprünglich aus der US-Serie „Friends“ und war als Überspitzung gemeint, wenn ein Mann versucht eine Frau zu erobern und es nur zu einer Freundschaft kommt. Viele Männer können sich in die Situation hineinversetzen: Sie hätten sich mehr gewünscht, als die Frau bieten möchte. Das Witzige ist daran, dass zwei Menschen in einer Kennenlernphase oft erst herausfinden müssen, was sie eigentlich vom Anderen wollen und man oft – insbesondere wenn eine Person gezielt auf Sex oder eine Beziehung aus ist – ungewünscht in dieser Friendzone landet. Das Traurige daran ist, dass der Begriff ausschließlich von Männern benutzt wird, und Frauen zum Einen unterstellt, dass sie in dieser Kennenlernphase nicht merken würden, wenn ein Mann ein Interesse, das über eine normale Freundschaft hinausgeht, hat und zum Anderen, dass es das soziale Gefüge „Freundschaft“ abwertet bzw. als (für Männer) nicht wünschenswerten Zustand darstellt.

Unsicher bin ich mir, ob es die Friendzone überhaupt gibt. Sicher bin ich mir, dass wenn sich jemand unzufrieden in einer Friendzone befindet, irgendwas mit seiner Kommunikation nicht stimmt. In Filmen gibt es zum Beispiel die Karikatur von dem besten Freund, der eigentlich eine Beziehung mit seiner besten Freundin will, diese sich aber nur für die Muskelmänner aus dem Sportverein interessiert. Lange Zeit habe ich solche Frauen verurteilt, weil ich es verantwortungslos finde, wenn jemand eine andere Person ausnutzt. Inzwischen bin ich der Meinung, dass wenn man einer Person so viele Dienste (wie z.B. nette tiefgründige Gespräche, mitten in der Nacht von einer Party abholen oder liebenswerte Umarmungen) anbietet, kein Anspruch auf Gegenleistung entsteht. Auf der anderen Seite bin ich der Meinung, dass es kaum möglich ist, sich auf lange Sicht für eine andere Person aufzuopfern ohne Erwartungen zu bekommen. Aber selbst dann liegt es an dem Menschen, der diese Erwartungen hat, sie auch offen seinem Gegenüber zu kommunizieren. Wer sich in so einer Situation befindet, muss befürchten, dass seine Wünsche und Hoffnungen von dem Gegenüber abgewiesen werden und für die eigene psychische Gesundheit sollte man dann meiner Meinung nach auch nicht mehr diese Dienste leisten. Als Person, die in dem Genuss von diesem Service sein darf, kann man höchstens ab und zu mal nachfragen, wie sich die andere Person fühlt und ob es irgendetwas Schönes gibt, was man als – im Idealfall selbstlose – Geste zurückgeben kann. Ich weiß, es ist nicht einfach zu merken, ob jemand mehr als nur eine Freundschaft will, aber ich finde es ist auch nicht selbstverständlich.

Ich halte die Friendzone noch aus einem weiteren Grund für einen Mythos: Ob sich zwei Menschen gegenseitig sexuell anziehend finden oder ineinander verlieben können, wird meistens bei den ersten paar Treffen entschieden – manche Biologen behaupten sogar in den ersten paar Sekunden, in denen man nah genug beieinander sitzt. In seltenen Fällen kommt es auch mal vor, dass sich Menschen erst nach einigen Jahren ineinander verlieben oder sich auf einmal gegenseitig attraktiv finden. In den meisten Fällen merkt man aber schon bei den ersten Treffen, ob das gegenseitige Interesse übereinstimmt. Ich kenne niemanden, der darüber hinaus versucht hat, trotzdem eine Freundschaft (bzw. in diesem Kontext hier die Friendzone) aufrecht zu erhalten. Die Vorstellung, dass eine Frau von der Attraktivität eines Mannes nur schnell genug überzeugt werden muss, stellt die Frau als hilfloses Wesen ohne eigenen Willen und eigenen Geschmack dar. In Wirklichkeit ist es so, dass es ein sehr schönes Gefühl ist, von einem anderen Menschen umworben zu werden. Daraus darf aber für die Männer nicht automatisch geschlossen werden, dass man nur wegen der Schmeicheleien einen Anspruch auf Liebe oder Sex hätte. Und wenn eine Frau nun mal kein Interesse an dir hat, dann hat das nichts mit dem „harten Schicksal“ einer Friendzone zu tun.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass mit einem alles in Ordnung ist, wenn man „nett“ ist. Grundsätzlich gibt es viele Menschen, die „nette“ Gesten zu schätzen wissen. Für manche Menschen ist das aber nicht genug für eine Partnerschaft oder sie suchen einfach etwas Anderes in einem potenziellen Partner.