No-Gos in Beziehungen

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photo credit: Angela Schlafmütze via Flickr cc

Inwieweit sind wir in unseren Entscheidungen wirklich frei? Eine Entscheidung frei zu treffen, bedeutet auch viel Verantwortung: Wir müssen die Konsequenzen unserer Entscheidung tragen. Manche Menschen trauen sich – entweder aus Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen, oder noch nicht die perfekte Option gefunden zu haben – gar nicht mehr, eine Entscheidung zu treffen.

Schwierig wird es, wenn diese Entscheidungsfreiheit durch eine Beziehung eingeschränkt wird. Anstatt uns erleichtert zu fühlen, eine Entscheidung weniger treffen zu müssen, kann es einem so vorkommen, als müsse man auf etwas verzichten – obwohl man vielleicht die nun eingeschränkte Option nie in Erwägung gezogen hätte. Ich war deswegen früher ein großer Gegner von No-Go`s in Beziehungen und hielt alles für diskutierbar bzw. kompromissfähig. Aber das hat sich vor ein paar Jahren geändert.

Ich bin kein Mensch, der viel Eifersucht erlebt hat in seinem Leben. Jedoch gab es einen Mann, der mir zwar nie etwas Böses gewollt hatte, aber durch sein Verhalten dafür gesorgt hat, dass mich fast jede Frau, für die ich große Gefühle hatte, verlassen hat. Wahrscheinlich wollte er nur sehr gerne Teil meines Lebens sein und wenn eine Frau mir sehr viel bedeutet hat, wollte er natürlich auch diesen Teil meines Lebens beanspruchen. Was auch immer seine Motivation war, letztendlich ist er über das Ziel hinaus geschossen, indem er zu viel Aufmerksamkeit von den Frauen gefordert hat, so dass diese keine Aufmerksamkeit mehr für mich übrig hatten und die Beziehungen kaputt gegangen sind.

Nun werden einige Leser bestimmt denken, dass es doch die freie Entscheidung der Frau war, lieber Zeit und Energie in die Beziehung mit diesen Mann zu stecken als mit mir – und genau das war auch bei den ersten zwei Malen mein Resümee gewesen. Aber wenn es bei demselben „Versuchsaufbau“, nur mit unterschiedlichen Frauen, zu denselben Ergebnissen kommt, dann kann es auch daran liegen, dass dieser Mann (und vielleicht auch ich) die Entscheidung der Frauen maßgeblich beeinflusst oder sogar manipuliert hat. All das habe ich versucht meiner Liebhaberin (beim vierten Mal) zu erklären und dennoch – oder gerade wegen dieser Gefahr – wollte sie sich mit ihm treffen.

Ihre Argumentation war, dass sie nicht so einfach zu manipulieren sei und ihre Entscheidungen frei treffen könne – dass also keine Gefahr für unsere Beziehung bestünde. Warum sie sich unbedingt mit ihm treffen wollte und meine schweren Bedenken so lapidar beiseite zu schieben versuchte, kann sie mir bis heute nicht erklären. Dennoch wollte ich ihrer Entwicklung nicht im Weg stehen und sprach kein No-Go aus – mal abgesehen davon, dass das unser Verhältnis damals auch gar nicht erlaubt hätte. Ich hätte ihr gerne vertraut. Aber mein bis dato bedingungsloses Vertrauen wurde gebrochen, da sie sich rücksichtslos über meine Gefühle hinweg gesetzt hat, um ihren Weg zu gehen. Tief in meinem Inneren befürchtete ich, dass sie wieder meine Gefühle und Befürchtungen nicht ernst nehmen würde. Unsere Beziehung scheiterte dann zwar an einer anderen Geschichte, aber vielleicht wäre sie es nicht, wenn nicht das Vertrauen zuvor gebrochen worden wäre.

Seitdem bin ich kein Fan mehr von Beziehungen, in denen alle Befürchtungen soweit diskutierbar sind, dass man trotzdem einen Konsens finden wird. Ich denke, es ist wichtig, in einer Beziehung ein Veto aussprechen zu dürfen. Dennoch wäre es jetzt verkehrt, gleich ins andere Extrem umzuschlagen und immer ein Veto einzulegen, sobald einem etwas nur ansatzweise nicht passt. Wie ich eingangs erwähnte, ist jedes Veto bzw. No-Go, das man formuliert, auch zugleich eine Einschränkung für die andere Person. Und eine Person, die sich in einer Beziehung zu sehr eingezwängt fühlt und durch diese Einzwängung keine freie Entscheidungen mehr treffen kann, wird sich zurecht fremdbestimmt fühlen. Und Fremdbestimmung ist nicht gesund für die Psyche.

Viele monogame Menschen empfinden den Verzicht für den anderen Partner als emotionalen Mehrgewinn. Ich habe allerdings auch beobachtet, dass dieser Verzicht auch nur dann einfach fällt, wenn es sich nicht für diese Personen um etwas sehr Wichtiges handelt. Spätestens wenn sie sich z.B. in einen zweiten Menschen verlieben oder nicht dem Wunschberuf nachgehen können, merken sie, dass es doch nicht so einfach ist und sich nicht mehr als Mehrgewinn anfühlt. Oft nicht ohne großes Drama trennt man sich dann von seinem Partner.

In alternativen Beziehungskonzepten kann so eine Situation umständlicher werden. Auf der einen Seite ist man flexibler in der Denkweise und findet vielleicht doch noch eine Lösung, mit der alle leben können (Stichwort: Konsens), aber auf der anderen Seite könnte die einzige Lösung sein, dass man getrennte Wege gehen muss und jede Diskussion darüber ist dann nur verschwendete Energie. Die Frage, die mich in solchen Situationen immer beschäftigt, ist: Ist die Person, die ein Veto einlegt, übersensibel oder möchte die Person, die sich durch das Veto eingeschränkt fühlt, mehr als das Leben bieten kann? In beiden Fällen muss man die Personen und diese Bedürfnisse ernst nehmen, aber man muss auch damit rechnen, dass in Extremfällen kein Konsens möglich ist.