Warum mir Messerspiele keine Angst machen
Es gibt so Themen, die man am besten verkehrt herum beginnt. Hin und wieder Angst zu haben, ist aus meiner Sicht nicht ungewöhnlich, daher habe ich mir darüber nie besondere Gedanken gemacht. Spannender war es zu beobachten, dass ich zweimal in einer ähnlichen Situation keine Angst bekommen habe. Hier sei erwähnt, dass ich normalerweise eher in die Kategorien „Schisser“ und „schreckhaft“ gehöre, weshalb ich ins Nachdenken gekommen bin.
Vorführung der Messersammlung
Beim einen Mal wurde mir von einem Freund seine Messersammlung gezeigt (= BDSM-Version von „Ich zeig‘ dir meine Briefmarkensammlung“). Ich war, nicht zuletzt, weil ich ehemalige Kampfsportlerin bin, auch sehr neugierig darauf und habe mir die Messer alle angesehen. Da ich durchaus nicht wenige Menschen in meinem Umfeld habe, die diese Spielart schätzen, wartete ich die ganze Zeit darauf, ob eine Reaktion von mir kam. Leider war dem nicht so und wir haben dann eine messerlose BDSM-Session eingelegt, bei der ich trotzdem keinen Grund zur Klage hatte.
Beim zweiten Mal waren wir sogar schon mittendrin im Spielen, als mich die Person, die mir Gutes tat, verließ und kurze Zeit darauf mit der Anweisung wiederkehrte, ich solle mich nicht bewegen. Er hatte nämlich die großen, scharfen Küchenmesser geholt und strich damit bedrohlich über meinen Körper. Das Problem an der Sache: Ich fühlte mich nicht bedroht und lag weiterhin vollkommen entspannt auf dem Bett. Auch wenn ich selbstverständlich ruckartige Bewegungen vermieden habe.
Das Vertrauen reicht weit
Ich konnte es dann auch erklären: Wenn ich einem Menschen vertraue, dann vertraue ich ihm auch, dass er mich mit einem Messer nicht ernsthaft verletzt. Wenn jemand mit einem Messer ausrastet und nicht zurechnungsfähig ist, ist das etwas Anderes. Aber in einem geschützten Rahmen müssen, zumindest bei mir, die Drohungen so gestrickt sein, dass sie realistisch sind. Da muss ich dann anscheinend auch daran glauben, dass mein Gegenüber das, was es andeutet, in die Tat umzusetzen bereit ist. Das könnte sein, mich irgendwo anzubinden und alleine zu lassen oder mir mit bestimmten Spielzeugen an bestimmten Körperstellen weh zu tun oder mich zu Handlungen zu zwingen, die ich nicht mag, oder … Dass ich mit einem Messer verletzt werde, kommt in meiner Gedankenwelt einfach nicht als mögliches Szenario vor.
Wobei ich noch anmerken muss, dass Messerspiele nicht automatisch Angstspiele sein müssen. Ich habe ein paar Freund*innen befragt, die diese spezielle Art der Berührung, eine Art Kratzen, sehr gern mögen. Die Empfindungen hierbei, teils noch gemischt mit Adrenalin, können sehr elektrisierend wirken. Es ist also auch ein berührungstechnischer, teils masochistischer Ansatz möglich, den ich bisher noch nicht kenne. Wobei er mich bisher auch noch nicht so sehr reizt: Denn ein weiterer Aspekt ist sicherlich, dass meine Beziehung zu Messern nicht besonders emotional ist. Ich finde sie okay und als Gebrauchsgegenstände auch sehr hilfreich, aber sie triggern weder mein Angst-Zentrum (vielleicht noch das Vorsicht-scharf-Zentrum) noch mein Erotik-Zentrum. Das ist ein bisschen schade, weil ich bei meinen Erlebnissen durchaus neugierig war, wie es sich angefühlt hätte, wenn ich richtig was gespürt hätte. Aber manches soll nicht sein und es gibt ja gerade im BDSM noch sehr viele andere unterhaltsame Spielarten.