Die Leichtigkeit der Liebe? Pragma kommt doch nicht von alleine.

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Die Liebe begegnet mir in unserer Kultur überall. Verpackt als Valentinstag, romantische Filme oder einfach nur durch die Reproduktion dieses romantischen Ideals von händchenhaltenden Pärchen im Park. Ich will mich mit diesem Artikel gar nicht darüber beschweren, wie ich es bereits in Ein Loblied auf die Zweckbeziehungen gemacht habe. Ehrlich gesagt, spüre ich in mir selbst sogar eine Sehnsucht nach Liebe. Aber was ist diese Liebe eigentlich?

Im antiken Griechenland wurden in sechs verschiedene Formen des Liebens unterschieden: Eros (sexuelle Begierde), Philia (tiefe Freundschaft), Ludus (verspielte Liebe), Agape (empathische Liebe), Pragma (intensive Liebe) und Philautia (Selbstliebe). In dem zitierten Artikel wird davon gesprochen, dass diese irrationale Liebe – wie sie in unserer Kultur idealisiert wird –, so sehr Besitz von einem ergreift, dass man die Kontrolle über sich verliert. Die alten Griechen packten diese Art der Verliebtheit in die Kategorie des „Eros“ und ihnen hat diese Art ziemlich Angst gemacht. Ich hätte eigentlich erwartet, dass unsere Form der Romantik eher in die Kategorie der Pragma gepackt werden müsste. Diese Form der Liebe soll aber erst nach einigen Jahren der Beziehung entstehen und nur weil Menschen sich intensiv aufeinander einlassen; neurowissenschaftlich betrachtet, wenn also das Oxytocin anfängt zu wirken. „Frisch Verliebte“ können also ganz und gar nicht „Pragma“ empfinden (das könnte noch bestenfalls Ludus sein). Ich spüre in mir eine starke Sehnsucht nach Pragma – wie ein unerfülltes Bedürfnis. Und oft höre ich andere mir sagen, ich hätte nur noch nicht die richtigen Menschen für solche Liebesbeziehungen kennengelernt und solle einfach darauf vertrauen, dass sich das irgendwann irgendwie schon ergeben wird.

Ich muss zugeben, dass es mir schwer fällt, darauf zu vertrauen, diese Liebesbeziehungen würden sich mit den richtigen Menschen quasi von alleine entwickeln. Hinter unserem Handeln steckt eine Absicht, ein Wunsch oder ein Bedürfnis – unabhängig davon, ob wir uns erlauben, es zu formulieren oder nicht. Das kann z.B. die von mir erwähnte Sehnsucht sein. Wie ich bereits in meinem letzten Artikel Spielerisches Konsensieren eingangs erwähnte, ist es mir wichtig, dass alle Absichten für den Partner klar offen liegen. Erst dann kann ich mich sicher fühlen und innerhalb eines gemeinsam gesteckten Rahmens im „Hier und Jetzt“ die Beziehung genießen. Natürlich ist das aber keine Garantie, dass die Beziehung von Bestand sein wird – aber immerhin kann ich es dann besser einschätzen.

Dieses Sicherheitsbedürfnis ist der Wunsch nach Kontrolle über mein eigenes Leben. In dem Moment, in dem ich mich in Beziehungen begebe, mache ich mich verletzlich – insbesondere weil ich starke Verlustängste haben kann. Mit dieser Auslieferung an einen anderen Menschen gebe ich ein Stück Kontrolle über mein Leben ab. Wenn ich also einer Partnerin nicht vertrauen kann, dass sie behutsam mit mir umgeht, kann ich mich nicht intensiv auf sie einlassen. Und trotz meines Bedürfnisses nach Kontrolle lasse ich mich immer wieder auf neue Menschen ein, um das eingangs erwähnte Bedürfnis nach Liebe zu stillen.

Es ist eine Art Nähe, die wir nicht aus uns selbst schöpfen können. Natürlich kann man auch überleben, ohne dieses Bedürfnis zu stillen. Unsere Gesellschaft ermöglicht es, sich ohne intensiven Kontakt selbst versorgen zu können. Wie im Artikel No Relationship is an Iland erwähnt habe ich dies auch einige Jahre getan. Durch das Unterdrücken dieses Bedürfnisses war es jedoch ein sehr resigniertes Leben ohne (bewusst wahrgenommene) Liebe gewesen. Vielleicht hatte ich in dieser Phase auch Angst vor der Abhängigkeit. Inzwischen weiß ich aber, dass wir uns in Bezug auf Bedürfnisse ständig abhängig machen. Es ist unmöglich, Bedürfnisse zu stillen, ohne sich abhängig zu machen. Letztendlich muss man nur aufpassen, dass die Abhängigkeit nicht von anderen Menschen ausgenutzt wird, um ausgebeutet und/oder misshandelt zu werden.

Egal ob man auf meine Art und Weise Sicherheit und Vertrauen aufbaut oder eine unverkopfte Variante findet, die Liebe findet DANN von ganz alleine einen Weg. Ich gehe zwar jedes Mal ein Risiko ein, aber die Nähe, die sich zwei Menschen dadurch geben können, ist unbezahlbar.