Spielen ist Silber, Reden ist Gold – BDSM-Gespräche und ihre Hürden

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Reden. Eines der wichtigsten Elemente in BDSM-Beziehungen, aber auch leider eines der kompliziertesten. Sobald es intim wird, geht bei vielen Menschen die viel gerühmte Offenheit flöten. Natürlich ist es individuell verschieden, wie intensiv man über bestimmte Themen des Partners Bescheid wissen will. Aber es gibt grundlegende Dinge, die man über einen anderen Menschen wissen sollte, egal ob man nur einmal mit ihm spielt oder sein Leben mit ihm verbringen will.

Reden über Vorlieben

Wenn es um Reden im Zusammenhang mit BDSM geht, sind meistens die Gespräche über Vorlieben gemeint. Es gibt hier das Vor- und das Nachgespräch. Beim Vorgespräch tauscht man sich im Vorfeld zu einer Session über Wünsche und No-Gos aus, beim Nachgespräch geht es darum, wie das vorangegangene Spiel gelaufen ist und wie es den Beteiligten dabei ging. Diese Gespräche finden übrigens auch bei One-Night-Stands, zum Beispiel im Rahmen von Fetisch-Parties, statt – je nach Interessenlage sind sie hier dann womöglich nicht so ausführlich.

Ich für meinen Teil finde diese Gespräche wahnsinnig nützlich, weil man einen groben Rahmen absteckt und den Partner nicht im Überschwung seiner Gefühle später bremsen muss. Letztens habe ich die interessante Erfahrung gemacht, einen ähnlich analytischen Menschen wie mich zu treffen, der auch während des Spiels dieses Gespräch weitergeführt hat. Es hat ihn überhaupt nicht aus dem Konzept gebracht hat, wenn ich ihm ehrlich gesagt habe, was ich gerade mag und was nicht. Bisher lief das bei mir immer überwiegend nonverbal ab, da man oft davor zurückschreckt, allzu klare Aussagen zu machen und sein Gegenüber dadurch zu verletzen. Je nach Veranlagung kann Klartext leider schnell auf die allgemeine Stimmung schlagen.

Prinzipiell ist es meist nicht so einfach, über seine Vorlieben zu sprechen, weil sie ja doch sehr intim sind. Ich kann empfehlen, sich in einer ruhigen Minute hinzusetzen und Gedanken darüber zu machen, was man mag und was nicht. Vielleicht auch, was nur in einer bestimmten Situation oder Konstellation geht. Was meine eigenen Vorlieben angeht, habe ich einen Teil davon auch mal verbloggt. Es geht hier vor allem darum, dass man sich in einem Gespräch seine wichtigsten Grenzen ins Gedächtnis rufen kann, Stichwort: Sicherheit. Wenn der Partner nicht weiß, dass man bestimmte Sachen überhaupt nicht ertragen kann, ist die Gefahr hoch, dass er einem unwissend und unwillentlich Schaden zufügt.

Reden über Gefühle

Was in den ganzen Leitfäden für Einsteiger nicht drin steht, wahrscheinlich weil es nicht BDSM-spezifisch ist: Über Gefühle muss man ebenfalls reden, auch in lockeren Spielbeziehungen. Ja, ich schreibe „muss“, denn ich mache das selbst nicht allzu gern. Pablo hat hier auch schon mehr dazu geschrieben und ich denke, uns beiden gemeinsam ist, dass wir gern sehr ehrliche Gespräche führen, um klare Verhältnisse zu schaffen. Bei mir ist das nicht so stark ausgeprägt wie bei Pablo und ich habe gefühlt mehr Grau-Töne in meinem Spektrum. Aber wenn ich ein Rede-Bedürfnis habe, dränge ich normalerweise relativ schnell und direkt auf ein Gespräch und möchte auch zu einer Einigung kommen. Mir sind klare Verhältnisse wichtig und ich brauche hin und wieder die Bestätigung der Zuneigung von anderen Menschen, wenn ich mir ihrer Gefühle nicht sicher bin.

Aus dieser Sichtweise heraus bin ich aber tatsächlich überzeugt, dass ehrliche Gespräche für alle Menschen wichtig sind. Auch wenn es mitunter grauenhaft schwierig ist, sich hier auszudrücken, weil man dadurch extrem verletzlich wird. Und natürlich entspricht es dem menschlichen Instinkt, solche Situationen zu vermeiden. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass man mit bestimmten Eigenheiten einer Person besser zu zweit klar kommt als allein.

Den richtigen Ton finden

Wenn man sich dann mal zu einem der oben genannten Gespräche durchgerungen hat, ist es hilfreich, seine Aussage halbwegs freundlich zu verpacken. Ich bin leider absolut meisterhaft drin, auf recht undiplomatische Weise direkt zum Punkt zu kommen – was das Gegenüber ziemlich fordern kann, wenn es noch nicht mal weiß, dass es ein Problem gibt. Daher bemühe ich mich darum, meinen Gesprächspartner abzuholen und vor allem keine Vorwürfe zu formulieren. Womöglich nimmt der andere Mensch die Situation auf völlig andere Weise wahr als ich selbst. Bevor ich ihn also durch ein Ultimatum in eine Verteidigungshaltung zwinge, frage ich erst einmal nach, welche Beweggründe er für sein Verhalten hat. Und schildere meine Gefühle, damit er nachvollziehen kann, warum es mir mit der bestehenden Situation nicht gut geht.

Solche Gespräche sind ein stetiger Lernprozess. Auch ich möchte im ersten Moment immer noch weglaufen, wenn jemand nach meinen Vorlieben fragt. Mit Menschen, die vor klaren Ansagen zurückscheuen, kämpfe ich immer noch regelmäßig. Aber es wird besser. Eine wichtige Erkenntnis, die mir geholfen hat, war die, dass ich danach fragen muss, wenn ich beispielsweise eine bestimmte Technik ausprobieren möchte. Einfach warten und hoffen, dass irgendwann ein Partner kommt und meine verborgensten Gedanken erkennt, ist zwar eine verführerische Illusion, aber trotzdem eine Illusion. Warum sollte ich mit der Verwirklichung meiner Wünsche warten, bis ich alt und grau bin? Es ist an mir, mein BDSM-Leben so zu gestalten, wie ich es haben will. Reden hilft dabei.