Wahre Liebe

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Oft begegne ich so manchen Vorurteilen, wenn ich davon erzähle, dass ich Beziehungen mit mehreren Frauen führe. Wie z.B. „Du hast noch nicht die Richtige gefunden!“, „Naja, das sind ja keine ernsten Beziehungen bei dir!“ oder „Du hast noch nie wahre Liebe empfunden!“. Inzwischen kann ich bei solchen Vorurteilen cool bleiben. Menschen ist es, wenn sie mit einer anderen Kultur konfrontiert werden, wichtig, sich von dieser abzugrenzen und dadurch ihre Identität zu sichern – ich respektiere das. Normalerweise lasse ich den Menschen ihre Vorurteile. Ja, vielleicht weiß ich ja wirklich nicht, was wahre Liebe ist? Aber um mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen, möchte ich mal ein wenig aus meinem Liebesalltag und meinen typischen Gedanken berichten:

Wenn ich geplant habe, mich mit wichtigen Menschen zu treffen, mache ich große Pläne. Tagelang mache ich mir schon Gedanken, was ich kochen werde, was den Menschen schmecken könnte und worauf auch ich Lust hätte. Wenn der Tag gekommen ist, gehe ich lange einkaufen und wähle bedachter als sonst die Zutaten. Gibt es noch etwas, womit ich die geplante Mahlzeit verfeinern kann? Manchmal fange ich schon Stunden vorher an mit Kochen. Einmal hatte ich mich auf eine Liebhaberin dermaßen gefreut, dass ich ein 5-Gänge Menü im Wert von über 50 € für sie gekocht habe – zugegeben etwas übertrieben, aber ich hatte einfach Lust und Zeit, es für sie zuzubereiten.

Die Wohnung muss noch geputzt werden! Wie sieht denn das Bad aus? Und überhaupt muss ich noch die Badewanne und das Schlafzimmer vorbereiten. Wenn sie kommt, sollen die Kerzen schon bereit stehen. Und was soll ich tragen? Gefällt es ihr besser, wenn ich mich in gemütlichen Sachen präsentiere oder soll ich ein feines Hemd und eine schicke Hose anziehen? Mich selber muss ich natürlich auch noch sauber machen. Gründlicher, wie wenn ich einfach nur zur Arbeit gehe, wasche und rasiere ich mich – statt einem einfachen Zopf mache ich mir eine richtige Frisur. Vielleicht sollte ich nochmal vorher zum Friseur gehen?

Wenn sie länger bleibt, werden wir uns auch mit anderen treffen. Auf was wird sie Lust haben? Am besten ich schlage ihr mal ein paar Sachen vor, auf die ich Lust hätte. Vielleicht will sie ja auch noch ein paar andere Freunde, Freundinnen und/oder Liebhaber*Innen treffen. Am besten sprechen wir mal die Planung genauer ab. Hoffentlich können wir das meiste zusammen machen. Aber wenn ich auch mal Zeit für mich brauche, was könnte sie dann in der Zwischenzeit machen? Wird es ihr gut gehen? Habe ich meine Bedürfnisse klar kommuniziert? Habe ich alle ihre Bedürfnisse berücksichtigt?

Genauso wie in monogamen Beziehungen auch bin ich natürlich nicht den ganzen Tag mit solchen Gedanken beschäftigt. Je nachdem, wie viel Stress ich auf der Arbeit oder noch mit privaten Projekten habe, bleibt manchmal nicht mehr viel Aufmerksamkeit übrig. Aber egal, ob eine Liebhaberin zu Besuch kommt, ich ein Date für eine Tantra-Massage habe oder Freunde und Freundinnen für Brettspiele einladen sind: Letztendlich macht es mir Spaß, ein guter Gastgeber zu sein und meine Zuneigung auf diese Weise zu zeigen. Natürlich mache ich mir mal mehr und mal weniger Gedanken um meine Mitmenschen, aber wenn das keine wahre Liebe ist, was dann?

Wenn wahre Liebe bedeutet, dass ich solche Gedanken nur für eine einzige Person haben darf; wenn wahre Liebe bedeutet, dass ich mir solche Gedanken nicht aus freiem Antrieb mache, sondern mich zu den daraus resultierenden Taten ​verpflichtet fühle, weil es von mir als Bestandteil eines Beziehungsvertrags erwartet wird; ​wenn wahre Liebe bedeutet, dass ich Menschen enttäusche, wenn ich mir diese Gedanken mal nicht mache … dann

– dramatische Pause –

ist meine Liebe tatsächlich keine wahre Liebe. Meine Liebe ist frei, und wenn du sie annehmen kannst, genieße sie und wertschätze sie, sonst schenke ich sie jemand anderen. Genauso wie auch ich deine Liebe genießen und wertschätzen will. Amen.